2. Interview – Erzähl mir deine (Schul-) Geschichte
Das Interview wurde geführt mit
Hiltrud Rau
Simone Rau (v.l.n.r.)
Datum des Interviews: 6. Okt. 2020
Schulzeit: 1941 – 1949 | 1968 – 1974
Mutter und Tochter – Schulgeschichten aus zwei verschiedenen Generationen. War die eine Schulzeit noch durch den Zweiten Weltkrieg geprägt, stand Anfang der 70er die Berliner Mauer 10 Jahre. Das Leben in der DDR bestimmte die Atmosphäre und den Alltag. Der offizielle Umgang mit den Kirchen war angespannt.
Luftschutzkeller unter der Schule
Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs am 2. Sep. 1945 war die Schule einige Wochen geschlossen. Zuvor mussten die Schüler oftmals während eines Fliegeralarms in den Luftschutzkeller unter der Schule flüchten.
Für Kinder aus dieser Epoche war die Kriegszeit sehr prägend. Wie auch bei Hiltrud Rau kamen oftmals männliche Familienmitglieder nicht mehr aus dem Krieg zurück.
Schulmaterialien & Schulausgangsschrift
1941 hatten die Schüler zur Einschulung noch eine Schiefertafel, aber schon in den darauffolgenden Jahrgängen gab es Hefte samt Füllfederhalter. In der DDR wurde im September 1968 die Schulausgangsschrift eingeführt.
Kulturprogramm in der Nachkriegszeit
Überraschenderweise gab es in der schweren Nachkriegszeit auf dem Dorf ein großes Kulturprogramm für die Kinder und Jugendlichen, auch außerhalb der Schule. Unter Frau Löwenstein lernten die Schülern Volkslieder, mit Lehrer Wegner (der Geige spielen konnte) traten die Schüler auch auf Hochzeiten auf, es gab einen Kirchenchor (unter Pfarrer Gümbel) und eine Theatergruppe.
Machtkampf zwischen Staat und Kirche
Mitte der 70er wurde von der staatlichen Seite her auf Kinder und Eltern Einfluss genommen, sich für eine Jugendweihe zu entscheiden. Die meisten Schüler entschieden sich für einen Kompromiss: Jugendweihe und Konfirmation, die meist ein Jahr später stattfand. Anfänglich wollte die Kirche eine harte Linie fahren und die Schüler für die eine oder die andere Seite entscheiden lassen. Diese Einstellung änderte sich aber schnell und die Kirche ließ sich auf einen zweigleisigen Kompromis ein.
Nach der Schule erst Arbeit dann Spiel
Nach der Schule mussten beide Generationen auf den eigenen Hof oder bei den Nachbarn aushelfen, sei es beim Kartoffeln dämpfen, Heu machen, Kohlen schippen oder bei der Gartenarbeit. Dazwischen fand sich trotzdem immer wieder Zeit für das ein oder ander Spiel. Gummihopse oder Meter waren in beiden Altersklassen angesagt.
Inhalt des vollständigen 2. Interviews (Länge 51:47 min)
- (00:54) Schule in Buchholz war Außenstelle von Wittbrietzener Schule
- (01:01) Gebäude 4 der Schule wurde Anfang der 70er durch die Baubrigade errichtet (Haus von Frobenius)
- (01:48) 1968 waren die Kinder der ersten Klasse nur Wittbrietzener (circa 13-17 Schüler), Klassenlehrerin war Frau Schumacher
- (02:57) ab der zweiten Klasse wurde in Buchholz unterrichtet, Lehrerin war Frau Stiel, es kamen die Kinder aus Elsholz und Buchholz dazu, die Klassenstärke wuchs auf 35 Schüler
- (03:11) Lehrerin Frau Stiel war 1971 von Feb-Jul auf Reisen, es gab kein Ersatzlehrer, so dass die Schüler der dritten nur montags, mittwochs und freitags Schule hatten, Dienstag und Donnerstag fand in Zeitraum kein Unterricht statt
- (04:05) 1941 bis zum Ende des zweiten Weltkrieges Unterricht bei Herrn Engel, dieser Danke dann nach Kriegsende ab
- (05:22) unter Frau Löwenstein lernten den Schülern Volkslieder, unter Lehrer Wegner (der Geige spielen konnte) traten die Schüler auch auf Hochzeiten auf, es gab einen Kirchenchor und eine Theatergruppe (kulturelle Ausflüge)
- (06:40) 1941 hatten die Schüler zur Einschulung noch eine Schiefertafel, aber schon in den darauffolgenden Klassen gab es Hefte samt Füllfederhalter
- (07:20) 1968 Jahre wurde die neue Schulschrift, die Schulausgangsschrift, eingeführt
- (07:40) für Sportunterricht wurde zuerst der Schulhof genutzt, später gab es dann einen einfachen Sportplatz auf dem jetzigen Gelände der Agricola (damals das Schälhaus)
- (11:20) Klassenlehrer Herr Schmeier ist zusammen mit seiner Frau und den Schülern in den Sommerferien nach Pirschheide zelten gefahren
- (12:15) in den vierziger Jahren gabs kein Schulessen, auch zwischen 68-74 haben die Schüler zu Hause Mittag gegessen, da die Schule um spätestens 13 Uhr beendet war
- (18:50 + 31:05) Politik hatte Einfluss im Schulleben, in der ersten oder zweiten Klasse (1968) mussten die Eltern entscheiden und auf einer Karte unterschreiben, ob die Schüler Jugendweihe oder Konfirmation machen
- (20:32) zum Ende des zweiten Weltkriegs am 2. Sep. 1945 ist die Schule ein paar Wochen ausgefallen, bei einem Fliegeralarm ging es in den schuleigenen Luftschutzkeller; Brief vom Bruder, der im Krieg geblieben ist
- (23:44) Lehrer Schiedeck hat sich sehr ins Dorfleben eingebracht, heiratete eine Wittbrietzerin und leitete auf Freiwilligenbasis eine Theatergruppe nach der Schule, seine Frau übte mit den Schülern; Lieblingsstücke „Hier Meier – wer dort“ und „Wenn der Hahn kräht“
- (26:05) nach dem Krieg gab es eine Frauenhandballmannschaft außerhalb des Schulprogramms, wahrscheinlich auch unter der Leitung von Lehrer Schiedeck
- (28:30) Anfang der 70er gab es in den ersten Wochen der Sommerferien die „Ferienspiele“, es gab auch einen Pioniernachmittag einmal pro Woche eine Stunde
- (30:10) erstaunlicherweise gab es kurz nach dem Krieg mehr Kulturangebote für Schüler als zur Schulzeit zwischen 1968-1974
- (35:35) die Staatsgründung der DDR 1949 hatte nur geringe Auswirkungen für das Privatleben
- (36:09) russische Besatzung zu Zeiten des Zweiten Weltkrieges
- (39:30) gab auch eine Theateraufführung im Rahmen der Schulklasse (1968-1974) zur Weihnachtsfeier im Saal der Gaststätte
- (39:58) in den 40er Jahren wurde mit dem damaligen Pfarrer Gümbel zusammen mit seiner Frau viel gesungen (Kirchenchor und Auftritte)
- (42:30) Machtkampf zwischen Staat und Kirche: in den 70er Jahren wurde von der staatlichen Seite her auf Kinder und Eltern Einfluss genommen, sich für eine Jugendweihe zu entscheiden, viele Schüler entschieden sich für einen Kompromiss: Jugendweihe und Konfirmation
- (46:50) Nach der Schule mussten beide Generationen auf dem eigenen Hof helfen, aber es fand sich auch genug Zeit Gummihopse oder „Meter“ zu spielen
- (49:55) die Wittbrietzener Schule hatte in den 70er auch einen Schulgarten, setzte sich aber nicht durch, da jedes Kind zu Hause im Garten oder auf dem Feld helfen musste
- (50:46) durch die Gründung der LPG 1952 wurden die Kleinbauern zu Agrargenossen, die eigenen Felder und Nutztiere wurden in die landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft integriert (eine Kuh konnte aber behalten werden)
Fragekatalog – Folgende Fragen wurden gestellt
- Wie heißt du und wann bist du in Wittbrietzen zur Schule gegangen?
- Was sind die ersten Erinnerungen an deine Schulzeit?
- Wie groß war eure Klasse? Welches Schreib- und Schulmaterial hattet ihr zur Verfügung und an welche Anschauungsmaterialien und technischaen Geräte erinnerst du dich?
- Welche Erinnerungen hast du an das Schulgebäude, seine innere Ausstattung und den Schulhof? Was hing an den Wänden?
- An welche Lehrer erinnerst du dich und warum? Wie erlebtest du das Verhältnis zwischen Lehrer und Schülern?
- Wie sah dein weiterer Tagesablauf nach der Schule aus und in welcher Weise haben deine Eltern deine schulische Entwicklung begleitet?
- Welchen Stellenwert hatte für dich die Pionier- und FDJ-Organisation und welchen die kirchlichen Parallelangebote Christenlehre und Junge Gemeinde?
- Mit welchem Bild, welcher Methapher würdest du deine Schulzeit in Wittbrietzen beschreiben wollen?
- Welche besonderen Umstände in der Familie, im Dorf und in der Gesellschaft prägten eure Schulzeit? Welchen Einfluss hatte die Politik auf deinen Schulalltag?
- Gibt es sonstige besondere Erlebnisse oder Konflikte, die du mit deiner Schulzeit / Freizeit verbindest?
- Hast du den Eindruck, eine gute und ausreichende Schulbildung genossen zu haben?
Das ganze Interview gibt es im Archiv
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